Fünf Fragen an Tauhid Bin Abdus Salam aus Bangladesch, Gründer Classical Handmade Products
Bangladesch zählt für hessnatur zu den sogenannten High Risk Ländern. Also eine Region, in der es schwierig ist, eine sozial faire und ökologisch einwandfreie Textilproduktion zu gewährleisten. Für unsere Selvedge Jeans kam jedoch nichts anderes in Frage. So begegneten wir Tauhid, der genau wie wir an eine bessere Zukunft für sein Land glaubt. Ein Gespräch mit einem Visionär.
Wie kamst du dazu, ein Fair Trade Business in Bangladesch zu gründen?
Bangladesch ist meine Heimat. Ich bin in der Hauptstadt Dhaka aufgewachsen und habe dort Modedesign studiert. Da mein Vater für die Regierung arbeitete, lebten wir schon immer sehr privilegiert. So konnte ich während meines Studiums viel reisen und die Welt entdecken. Je mehr ich die Zusammenhänge der Weltwirtschaft verstand, desto klarer wurde mir: Ich möchte mein eigenes Unternehmen gründen. In meiner Heimat. Und es soll unter fairen Bedingungen entstehen. Natürlich wollte ich die vorhandenen Ressourcen bestmöglich nutzen – die Idee zu Classical Handmade Products (CHP) war geboren.
Was steckt hinter CHP?
Seit 2009 habe ich 13 Produktionsstätten in den Regionen Rangpur, Bogra und Nilphamari aufgebaut. Heute beschäftige ich 1.741 Mitarbeiter, 740 davon in Nilphamari, wo auch die hessnatur Selvedge Jeans produziert wird. Wir sind eigentlich auf die Produktion von Teppichen und Körben spezialisiert, entweder aus Verschnitt der Textilproduktion oder aus Naturfasern wie zum Beispiel Jute. Doch als wir die Option bekamen, die hessnatur Selvedge Färberei und Weberei aufzubauen, konnte ich nicht nein sagen. Es sind kleine Projekte wie dieses, die mein Business vorantreiben. Stets offen zu sein und zu lernen ist mir wichtig.
Welche Sonderleistungen bietest du deinen Angestellten?
Natürlich zahlen wir ein Gehalt über dem Mindestlohn. Darüber hinaus erhält jeder Angestellte an den wichtigen Feiertagen einen Bonus. Das ist mir wichtig, da viele in dieser Zeit zu ihren Verwandten reisen, Geschenke kaufen oder ein besonderes Essen zubereiten möchten – alles Dinge, die viel Geld kosten. Außerdem bieten wir Zusatzleistungen wie Lohnzahlung im Krankheitsfall, kontinuierliche ärztliche Versorgung, Kinderbetreuung und die Ausgabe von Hygieneartikeln.
Gab es weitere Meilensteine in der Entwicklung von CHP?
Oja, da fallen mir viele ein. Ganz besonders freut mich natürlich die Entwicklung der Mitarbeiterinnen, die die große Mehrheit in meinem Unternehmen ausmachen. Zuerst fiel mir auf, dass manche Damen auffällig oft ihre Haare hinter die Ohren strichen. Es dauerte eine Weile bis ich verstand, dass sie neuerdings Ohrringe trugen. Schmuck ist ein Luxusgut, das man sich natürlich nur mit entsprechendem Einkommen leisten kann. Mein Unternehmen trägt dazu bei, dass sich meine Angestellten etwas Gutes tun können, das erfüllt mich mit Stolz.
Generell kam es durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Eine ganz besonders große Errungenschaft ist für mich jedoch die Tatsache, dass viele Frauen durch einen Job in meinem Unternehmen zur Hauptverdienerin der Familie werden. Da kann es schon mal vorkommen, dass der Ehemann mittags das Essen bringt. Und alle fahren mit dem Fahrrad – auch das ist für Frauen in Bangladesch leider noch nicht selbstverständlich.
Was planst du für die Zukunft?
Ich möchte die Regionen im ländlichen und sehr armen Norden Bangladeschs weiter fördern und noch mehr Arbeitsplätze schaffen. In der Region um Nilphamari habe ich schon recht viel Land gekauft und plane weiter zu investieren. Neben der Färberei für die hessnatur Selvedge Jeans liegt eine meiner Guaven-Plantagen. Hier plane ich ein neues Gebäude. Das Haus wird komplett durch Solarstrom betrieben werden. Natürlich soll dafür keiner meiner geliebten Guavenbäume gefällt werden. Vielmehr werden die Bäume in die Architektur integriert, so dass offene, lichte Räume entstehen, die sich ganz organisch in die Natur integrieren.
Marion Lowak ,
Warum wird diese Firma in Bangladesch, die die Selvedge Jeans produzierte, nicht mehr mit weiteren Projekten unterstützt? Langfristige Unterstützung in Bangladesch? Mit freundlichen Grüßen
hessnatur ,
Hallo Marion,
wir freuen uns über dein Interesse an diesem Thema. Unsere Projektarbeit hat das Ziel, es so zu entwickeln, dass das Projekt ab einem gewissen Zeitpunkt selbstständig arbeiten kann. Aktuell haben wir kein weiteres Projekt dieser Art in Bangladesh.
Viele Grüße, Dein hessnatur Team
C. ,
Die Zusammenarbeit klingt in jeder Hinsicht ermutigend. Da Herr Salam auf Teppiche und Körbe (sehr schöne Exemplare auf dem Foto) spezialisiert ist, wäre es aber auch sinnvoll, diese Produkte bei HessNatur kaufen zu können.
Es wäre eine wunderbare Ergänzung zur Produktpalette – und würde sicher nicht nur mich freuen.
Marlen ,
Insgeheim habe ich mir schon lange gewünscht, dass Hess Natur in Bangladesch faire und saubere Kleidung beginnt herzustellen. Den relativ hohen Preis für eine Jeans bin ich bereit zu zahlen!
Wünsche mir (für mich) Damenjeans und auch Inspiration in Sachen Design.
Weiter so!
hessnatur ,
Liebe Marlen, vielen Dank für Deine positive Rückmeldung. Mit diesem Blickwinkel möchten wir aufzeigen, was auch in einem Land wie Bangladesh möglich ist: Der beste und höchste Standard nämlich. Unser Projekt, das diese besondere Jeans hervorgebracht hat, liegt uns daher sehr am Herzen.
Herzliche Grüße
Dein hessnatur Service Team
Ilse Angelika ,
Ich bin auch bereit einen hohen Preis für eine Jeans zu bezahlen, wenn die Produktion dementsprechend fair und ethisch entspricht.
Da ist aber nicht bekannt, was die Näherin verdient und wieviel Stunden sie pro Tag arbeitet!
Wenn eine Jeans über € 100,- kostet, möchte ich gewährleistet haben, das die Näherin adäquat verdient, wurscht wo das hergestellt wird!
Ich will wissen, was für ein Monatslohn eine Näherin erhält und wieviel Stunden und Tage sie in der Woche dafür arbeiten muss, um saubere und faire Kleidung herzustellen, bei einem Jeanspreis über € 100- !!!!
Bin gespannt, ob diese Frage ehrlich beantwortet wird?!
hessnatur ,
Liebe Ilse Angelika,
es freut uns, dass Dich die Thematik beschäftigt. Was die sozialen Aspekte betrifft, sind wir generell der Meinung, dass die Arbeitenden in den Betrieben faire Behandlung und Bezahlung erfahren sollen. Mit der Fair Wear Foundation, deren Mitglied wir bereits seit 2005 sind, steht uns zum Thema soziale Standards ein überaus kompetenter Partner zur Seite. Die FWF überprüft sowohl unsere Produktionsbetriebe sowie auch unsere Arbeit an Sozialstandards regelmäßig. Wir sind sehr stolz sagen zu können, dass wir mit der höchsten Kathegorie, dem „Leader Status“ ausgezeichnet wurden. Grundvoraussetzung für die Auditierung durch die FWF ist auch eine Transparenz bei Arbeitszeiten und Gehältern. Nachstehend der Link zur Seite:
https://www.fairwear.org/
Aktuell wird in Bangladesh nicht für hessnatur produziert, und es ist auch nicht geplant. Im Jahr 2017, aus dem auch der Beitrag stammt, wurde in einem Betrieb in Bangladesh unsere Natural Indigo Selvedge Jeans im Rahmen eines Projektes hergestellt. Weitere Informationen zu unserem Projekt findest du hier:
https://www.hessnatur.com/magazin/bangladesch-jeans-reisebericht-teil-2/
https://www.hessnatur.com/magazin/menschen-bangladesch-selvedge-jeans/
https://www.youtube.com/watch?v=JzfjjJssqbk
Viele Grüße, dein hessnatur Team